Willkommen zu den Rezensionen von Catia Monser "Contergan/Thalidomid: Ein Unglück kommt selten allein", erschienen 1993 im Eggcup-Verlag, Düsseldorf

 

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Rezensionen

 

Catia Monser:

 

CONTERGAN/THALIDOMID: Ein Unglück kommt selten allein

                        mit einem Vorwort von Ulrich Moebius

 

 

Eggcup-Verlag 1993; 316 Seiten; Paperback; 16 Diagramme; 17 Zeichnungen;

38 Photos; 77 Zeitungsartikel; ISBN: 978-3930004-00-3; 19,40 € mit Lesezeichen

 

 

Die Autorin und Verlegerin dokumentiert in ihrem Erstlingswerk als Insiderin das Thema CONTERGAN/THALIDOMID. Sensibel und schonungslos zugleich schickt sie den/die LeserIn auf eine einzigartige Reise durch die Bürokratie und das Pharmawesen unserer Republik, aber auch weltweit. Sie offenbart Einblicke in pharmazeutische, rechtliche, medizinische, finanzielle, pädagogische wie auch politische Zusammenhänge von damals und heute, um zu dem alarmierenden Fazit zu kommen: Das CONTERGAN-'Unglück' könnte sich jederzeit wiederholen!

 

 


Bitte klicken Sie die jeweilige Rezension an:

 

Stichwort Bayer, 4/93

Mabuse, Nr. 92; Okt./Nov. 1994

Pharma-Brief, Nr. 1/1994

domino, Nr. 4/1995

Frankfurter Selbsthilfezeitung, Frühling '94

Thomas Steffan, Wien, Nov. 1997

handiCAP, Sept. 1994

BIZEPS, Wien, 01. Jan. 1999

    in: Stichwort Bayer, Nr.: 4/1993, S. 20:

 

»"Der CONTERGAN-Prozeß hat deutlich gemacht, wie sich die Macht und der Einfluß eines Pharma-Unternehmens auf Gesetz und Justiz auswirkt. Wenn ein/e Jugendliche/r ein Auto knackt, wird er/sie verurteilt. Wenn aber ein Pharma-Unternehmen ein giftiges und schädliches Medikament trotz des Wissens um die katastrophalen Nebenwirkungen weiterhin verkauft und hohe Gewinne erzielt, kommt es ohne Urteil davon."

Quintessenz einer Betroffenen, die mit größter Akribie ein engagiertes Buch über den bekanntesten aller deutschen Pharma-Skandale vorgelegt hat. Die Autorin, Catia Monser, beschreibt, wie sich das Schlafmittel CONTERGAN langsam vom Marktführer hin zur Skandaldroge entwickelt hat. Zu einer Zeit, als bereits stichhaltige Beweise für die verheerenden "Nebenwirkungen vorlagen, haben die Verantwortlichen beim Hersteller GRÜNENTHAL ebenso wie bei den Behörden skrupellos die Augen verschlossen.

Dazu haben trickreiche Advokaten die Opfer auch noch um eine angemessene Entschädigung gebracht. "CONTERGAN — Ein Unglück kommt selten allein" ist ein kämpferisch-trotziges Buch, das Betroffenheit und Mut vermittelt.«


Stichwort Bayer, 4/93

Mabuse, Nr. 92; Okt./Nov. 1994

Pharma-Brief, Nr. 1/1994

domino, Nr. 4/1995

Frankfurter Selbsthilfezeitung, Frühling '94

Thomas Steffan, Wien, Nov. 1997

handiCAP, Sept. 1994

BIZEPS, Wien, 01. Jan. 1999

 

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    in: Pharma-Brief, Nr. 1/1994, S. 3; Jörg Schaaber:

 

»Catia Monser hat ein wichtiges Buch über die wohl größte, aber keineswegs einzige Arzneimittelkatastrophe geschrieben. Das ist alles lange her, mag manche(r) sagen, doch allein in Deutschland leben noch ungefähr 2.800 Opfer (mehr als die Hälfte ist gestorben). Wichtig ist dieses Buch auch, weil sich die Pharmaindustrie immer wenig für ihre Fehler von gestern interessiert hat. Das wäre aber nötig, um Fehler nicht immer zu wiederholen. Monser schreibt faktenreich, hat viele Zeitungsartikel im Buch reproduziert und dröselt die zahlreichen Skandale im Verlauf dieser Katastrophe minutiös auf. Es sei nicht verschwiegen, daß es sich um ein zorniges Buch handelt — kein Wunder, Catia Monser ist selbst betroffen. Aber viel von dem Zorn überträgt sich auf den/die LeserIn.

1958 schickte Grünenthal an rund 40.000 ÄrztInnen eine Broschüre, die folgenden Text enthielt: "In der Schwangerschaft und Stillperiode steht der weibliche Organismus unter großer Belastung. Schlaflosigkeit, Unruhe und Spannungen sind beständige Klagen. Die Gabe eines Sedativums- Hypnotikums, das weder Mutter noch Kind schädigt, ist oft notwendig. Ein Arzt hat vielen Patientinnen in seiner gynäkologischen Abteilung und in seiner geburtshilflichen Praxis Contergan und Contergan-forte gegeben." Zu dieser Zeit war zwar die fruchtschädigende Wirkung noch nicht erkannt, aber ebensowenig wußte die Firma über die Unbedenklichkeit des Mittels. Liest man dann im Einstellungsbeschluß des CONTERGAN-Prozesses, daß Verfahrensbeteiligte "ungewöhnlichen schweren und langen seelischen und körperlichen Belastungen ausgesetzt gewesen" seien, so ist keineswegs von den Opfern die Rede, sondern von den Verursachern der Katastrophe. Schlimmer noch: "Sie verdienen deshalb menschliches Verständnis und Nachsicht", so das Gericht.

Catia Monser beschränkt sich nicht auf die Aufarbeitung der Vergangenheit, sie versucht allgemeinere Schlüsse auf die Gegenwart zu ziehen, so z. B. auf die Folgen mangelhafter Erfassung von Nebenwirkungen, die Geheimniskrämerei der Industrie, aber auch auf unseren ungebremsten Medikamentenkonsum.

Ein spannendes Buch, das manchmal zum Widerspruch herausfordert, aber auf jeden Fall nachdenklich macht — und wie unser Leitartikel zeigt, ist das Thalidomid-Problem noch höchst aktuell.«


Stichwort Bayer, 4/93

Mabuse, Nr. 92; Okt./Nov. 1994

Pharma-Brief, Nr. 1/1994

domino, Nr. 4/1995

Frankfurter Selbsthilfezeitung, Frühling '94

Thomas Steffan, Wien, Nov. 1997

handiCAP, Sept. 1994

BIZEPS, Wien, 01. Jan. 1999

 

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    in: Frankfurter Selbsthilfezeitung, Frühling '94, S. 15

 

»"Nicht meine Behinderung sehe ich als Katastrophe an, sondern die skandalösen und verbrecherischen Umstände, die zu ihr führten."

Die Autorin, Diplom-Sozialpädagogin, hat eigens einen Verlag gegründet, um dieses Buch veröffentlichen zu können. Es besteht aus eigener Lebensgeschichte, Collagen, Fotos, Zitaten und Zeitungsartikeln sowie Statistiken, die sich auch auf die weltweite Verflechtung der Pharmaindustrie beziehen.

In ihrem Buch behandelt die Autorin moralische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Aspekte des Medikamentenskandals, der vor ungefähr 40 Jahren von einem Labor seinen Ausgang nahm und das Leben vieler Menschen von grundauf veränderte.

Zentrale Punkte sind der sorglose und unkritische Umgang der Ärzte und Patienten mit Medikamenten, die Trägheit der fachlichen und gerichtlichen Instanzen, die zur Kontrolle eingesetzt sind, sowie der Umgang mit den Menschen, die unter den Folgen zu leiden haben und deren sozialer und rechtlicher Status.

Im Anhang finden die Leser eine ausführliche Bibliographie und eine Liste mit nationalen und internationalen Adressen von Vereinigungen und Verbänden. Für Betroffene und Nichtbetroffene eine wertvolle Dokumentation.«


Stichwort Bayer, 4/93

Mabuse, Nr. 92; Okt./Nov. 1994

Pharma-Brief, Nr. 1/1994

domino, Nr. 4/1995

Frankfurter Selbsthilfezeitung, Frühling '94

Thomas Steffan, Wien, Nov. 1997

handiCAP, Sept. 1994

BIZEPS, Wien, 01. Jan. 1999

 

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    in: handiCAP, Sept. 1994, S. 66

 

 


Stichwort Bayer, 4/93

Mabuse, Nr. 92; Okt./Nov. 1994

Pharma-Brief, Nr. 1/1994

domino, Nr. 4/1995

Frankfurter Selbsthilfezeitung, Frühling '94

Thomas Steffan, Wien, Nov. 1997

handiCAP, Sept. 1994

BIZEPS, Wien, 01. Jan. 1999

 

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    in: Mabuse, Nr.: 92; Okt./Nov. 1994, S. 55/56; Theresia Degener

 

»Anders als der Titel verheißt, wird in diesem ersten Buch einer Conterganbehinderten über den weltweit größten Arzneimittelskandal nachgewiesen, daß der Fall Contergan kein unvermeidbares Unglück, sondern ein berechenbarer, auf Profitdenken beruhender Skandal war. Diese Erkenntnis über den ersten Störfall der Pharmaindustrie, der Anfang der 60er Jahre allein in der BRD zur Geburt von über 5.000 Kindern ohne Arme, Beine oder mit anderen Behinderungen führte und als weitere Nebenwirkung zahlreiche Nervenerkrankte hinterließ, ist nicht neu. Sie wurde den Contergan- Behinderten spätestens mit der Entdeckung der deutschen Übersetzung des schwedischen Buches von Sjöström und Nilsson, "Contergan oder die Macht der Arzneimittelkonzerne", verschafft. Aber wir mußten schon suchen, um an dieses Buch heranzukommen, denn nicht im Tatortland BRD, sondern in der conterganfreien Zone DDR erschien 1975 die Lizenzausgabe. Erst zur Vorbereitung des "Krüppel-Tribunals" 1981, auf dem auch die Machenschaften der bundesdeutschen Pharmaindustrie als Menschenrechtsverletzung gegen Behinderte angeklagt wurden, stieß ich darauf und durchlief beim Lesen einen ernüchternden Aufklärungsprozess. Wir, "Contergan-Kinder", die überlebt haben (1993 wurden 2.869 registriert), wuchsen tatsächlich mit dem Märchen vom unvermeidbaren Unglücksfall Contergan auf. Die Vergangenheitsbewältigung im Conterganskandal verlief spezifisch bundesdeutsch: Die Eltern verdrängten und den Kindern wurde ein "Was sollte man schon machen?" mit auf den Weg gegeben. In den eigenen Verbandsreihen stiftete die Entdeckung des Buches und die sich daran anschließenden Nachforschungen erhebliche Unruhe, in der Öffentlichkeit blieb das Buch hingegen weitgehend unbeachtet.

Heute wissen nur noch wenige, daß die Pharmafirma "Grünenthal", die Contergan auf den Markt brachte und sich daran eine goldene Nase verdiente, mit erheblicher krimineller Energie für jeden Monat, die das Medikament Contergan auf dem Markt blieb, kämpfte und mit atemberaubender Prozeßtaktik das bis dahin Iängste Strafverfahren in Europa zur Einstellung brachte. Nur wenige wissen, daß "Grünenthal" mit einer einmaligen freiwilligen Spende von 100 Millionen Mark davongekommen ist.

Es mußten noch einmal fast 20 Jahre vergehen, bis die Hintergründe und Folgen des Conterganskandals auch in deutschen Originalen nachgelesen werden konnten. Catia Monser hat mit ihrem im Selbstverlag erschienenen Buch vor allem zwei Dinge geleistet: Sie hat die aufklärende Arbeit von Sjöström und Nilsson aktualisiert und der Öffentlichkeit erneut zugänglich gemacht, und sie hat einen beachtlichen Pressespiegel von den anfänglichen Schlagzeilen über Monsterbabies bis zu den ersten Meldungen über "tüchtige" Conterganmütter zusammengestellt. Ihre ausführliche Aufklärungsarbeit beschränkt sich nicht auf die Darstellung des Verhaltens der Täterfirma Grünenthal damals und heute, auch die zwielichtigen Entwicklungen innerhalb des von Eltern gegründeten und nun von Behinderten selbst geführten Conterganverbandes nimmt sie ins Visier. Der Frage, warum der Verband so schnell seinen Frieden mit Grünenthal schloß, beantwortet die Autorin und langjährige Mitarbeiterin des Verbandes mit interessantem Insiderwissen.

Catia Monser hat sich nicht mit dieser verdienstvollen Aufklärungsarbeit in Sachen Contergan begnügt. Mit ihrem Buch versucht sie darüber hinaus einen Feldzug gegen den bedenkenlosen Griff ins Medikamentschränkchen, gegen die Profitinteressen der Pharmaindustrie und gegen verantwortungsloses Verschreibungsverhalten der Ärzteschaft. Im Wechselbad von Anklagen und Beschwörungen nehmen ihre Ausführungen dabei gelegentlich nicht nur schwer verdauliche pastorale Züge an, es führt auch zu Unklarheiten bezüglich des Standpunkts der Verfasserin. Mal empört sie sich über die niederträchtigen Mafiamethoden der Pharmaindustrie, mal setzt sie auf das Prinzip Hoffnung durch verantwortungsvolle Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Catia Monsers Buch hat starke Konkurrenz. Der Starjournalist Gero Gemballa hat anläßlich seines Fernsehfilms "Der dreifache Skandal. 30 Jahre nach Contergan. Eine Dokumentation" bei Luchterhand als Nebenprodukt ein gleichnamiges Buch herausgebracht. Das Werk des auf investigativen Journalismus spezialisierten Fachmanns liest sich spannend und ist leicht verdaulich. Durch die Nachzeichnung der Lebensgeschichte von am Gerichtsverfahren beteiligten Personen werden auch neue Erkenntnisse vermittelt.

Während der nichtbehinderte Starjournalist aus der Contergangeneration im Vorwort darauf verweist, daß man nicht contergangeschädigt sein muß, um zu dokumentieren, beweist sein Buch allerdings, wie sehr der eigene Status auch dokumentarische Arbeiten beeinflußt. Mit dem Abdruck von Bildern nackter Contergankinder und ihrer Beschreibung als "Fälle von Mißbildungen" setzt Gero Gemballa die Demütigung fort, die den meisten in ihrer Kindheit mit diesen "dokumentarischen Fotografien" angetan wurde. Kaum erträglich sind die weit aufgerissenen angstvollen Augen der Kinder und der gewalttätige Blick der Kamera auf die "mißgebildeten" Arm- und Beinstummel, das Geschlechtsteil dabei voll ins Visier nehmend.

Zurecht verwehrt sich Catia Monser gegen diese Verletzung der Menschenwürde der Betroffenen. Die von ihr benutzten Abbildungen zeigen überwiegend sie selbst oder sind anonymisiert. Die Darstellung ihrer eigenen Geschichte und Erfahrungen im Zusammenhang mit der Conterganbehinderung macht ihr Buch auch zu einem Zeitdokument. Die Probleme mit den sich nun allerseits einstellenden körperlichen Spätfolgen der Conterganbehinderung oder auch die Konflikte, die nicht wenige Conterganbehinderten mit den Eltern haben, weil diese mit den Abfindungszahlungen unverantwortlich umgegangen sind, wurden bislang nur verbandsintern dokumentiert.«


Stichwort Bayer, 4/93

Mabuse, Nr. 92; Okt./Nov. 1994

Pharma-Brief, Nr. 1/1994

domino, Nr. 4/1995

Frankfurter Selbsthilfezeitung, Frühling '94

Thomas Steffan, Wien, Nov. 1997

handiCAP, Sept. 1994

BIZEPS, Wien, 01. Jan. 1999

 

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    in: domino, Nr.: 4/1995, S.12/13; Mag. Angelika Jensen

 

»Die Katastrophe, welche kurz und vereinfacht gesagt, mit dem Wort "Contergan-Skandal" betitelt werden kann, wirft auch heute noch — vierunddreißig Jahre danach — zahlreiche unbeantwortete Fragen auf.

Der Mitte der Fünfziger Jahre von der heute noch existierenden Firma Grünenthal in Stolberg bei Aachen entwickelte Wirkstoff Thalidomid bildete die Grundlage für das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan. Das Medikament kam mit 01.Oktober1957 rezeptfrei in den deutschen Handel und galt als besonders verträglich, wodurch es auch von schwangeren Frauen bevorzugt eingenommen wurde. Die Werbe- und Beipackzettel verhießen eine angenehme und ungestörte Nachtruhe. Außerhalb Deutschlands hieß das gleiche Arzneimittel z. B. Softenon, Softenil, Distaval und Neurosedin. In den folgenden vier Jahren stieg die Zahl fehlgebildeter an dem sogenannten Dysmelie- oder Wiedemannsyndrom (= Fachausdrücke für Gliedmaßenfehlbildungen) leidender Neugeborener sprunghaft an. Etwa 5000 Kinder wurden mit fehlenden oder deformierten Gliedmaßen, schweren Schädigungen an inneren Organen und Sinnesorganen, Gesichtslähmungen und Fehlbildungen an den Genitalien geboren. Rund 1500 von ihnen starben bereits im Säuglingsalter.

Trotz immer wieder auftretender Verdachtsmomente, daß der Wirkstoff Thalidomid Verursacher für die Fehlbildungen sein könnte, der zudem bei manchen PatientInnen nach Einnahme schwere Nervenschädigungen hervorrief, bewarb die Firma Grünenthal das äußerst erfolgreich verkaufte Medikament weiterhin als völlig harmlos und schloß die Vergabe an werdende Mütter ausdrücklich nicht aus. Erst nach Erscheinen eines Artikels in der Zeitung "Welt am Sonntag", am 25. November 1961, in dem der Verdacht auf einen direkten Zusammenhang zwischen der Einnahme thalidomidhaltiger Präparate während der Schwangerschaft und dem Auftreten schwerer Fehlbildungen, die einander wie ein Haar dem anderen glichen, zog die Herstellerfirma das Medikament aus dem Handel.

Das Entschädigungsverfahren für die "Contergan-Kinder" begann im Jahr 1961 und endete nach ganzen neun Jahren mit einem Vergleich zwischen der Firma Grünenthal und den Eltern. Grünenthal verpflichtete sich zu einer einmaligen Zahlung von 100 Millionen DM unter der Voraussetzung, daß Eltern und Kinder für alle Zeiten auf sämtliche weitere Ansprüche an Grünenthal verzichteten. Das Gesetz über die Errichtung einer Stiftung "Hilfswerk für behinderte Kinder" bot die Voraussetzung für die Auszahlung der finanziellen Abfindungen. Bis dato wurden aber noch lange nicht alle Opfer tatsächlich entschädigt. Insbesondere Nichtdeutsche, die aus Mangel an Information die gesetzliche Frist für einen Antrag bei der Stiftung versäumt haben, müssen auf alle Leistungen verzichten.

Die putzig aussehenden "Contergan-Kinder" von damals sind Erwachsene von heute geworden. Entgegen jeglicher Mitleidsvermutung fügen sie sich in das Spektrum der modernen Dreiunddreißig- bis Sechsunddreißigjährigen. Wie alle Behinderte haben sie mit Ausgrenzung, Diskriminierung und Ungleichbehandlung zu kämpfen. Dennoch wirken sie wie eine abgeschlossene, besondere Gruppe unter den Behinderten. Ihre Lebenssituation ist die logische Konsequenz aus der Fahrlässigkeit einer skrupellosen Arzneimittelfirma.

Das vorliegende Buch ist das Ergebnis einer langen und eingehenden Aufarbeitung des Themas "Contergan". Die Autorin Catia Monser, Dipl. Sozialpädagogin und selbst contergangeschädigt, beschäftigte sich vorerst im Rahmen ihrer Diplomarbeit und anschließend in einer gründlichen Überarbeitung vier Jahre intensiv mit der Problematik ihrer eigenen Beziehung zur Behinderung, dem "Contergan-Skandal" an sich und seinem gesellschaftlichen Umfeld und nicht zuletzt auch mit der Geschichte des Mißbrauchs von Arzneimitteln durch geschäftstüchtige Pharmafirmen nach "Contergan". Wer das überaus materialreiche, spannende, durch viele Abbildungen, Fotomontagen und Zeitungsartikel illustrierte Buch gelesen hat, weiß nicht nur umfassend über die "Contergan-Katastrophe" Bescheid, sondern wird möglicherweise den Beipackzettel eines Arzneimittels in Zukunft genauer studieren und/oder das flüchtige Verschreiben von Medikamenten durch die Ärzteschaft kritischer hinterfragen.

Im Anhang des Buches finden sich ein umfassendes Literaturverzeichnis, eine Auflistung deutschsprachiger Fernsehfilme und sämtliche aktuelle Adressen aller deutschen und internationalen Verbände der Betroffenen.

Es ist bezeichnend daß von allen fünfzig von Catia Monser angeschriebenen Verlagen keiner bereit war, das Manuskript zu drucken, entsprach es auch nicht dem "Stile gängiger Betroffenheitsromane" (S. 33). Die Autorin gründete daraufhin erst ihren eigenen Verlag, bevor sie das Buch endlich veröffentlichen konnte. Inzwischen gehört die Dokumentation zu den vielzitierten Standardwerken zum Thema "Contergan" und Folgewirkungen.

Die besondere Stärke des Buches liegt in einer tiefen, offenen und keineswegs mitleiderweckenden Auseinandersetzung mit den Ursachen einer Behinderung, die zwar individuell als Schicksalsschlag angesehen werden könnte — da sie für jeden Betroffenen absolut lebensbestimmend und zum großen Teil auch lebenserschwerend ist — die aber gleichzeitig auch zum Symbol für eine unmißverständliche Anklage in Richtung Schuldige und Verantwortliche sein muß.«


Stichwort Bayer, 4/93

Mabuse, Nr. 92; Okt./Nov. 1994

Pharma-Brief, Nr. 1/1994

domino, Nr. 4/1995

Frankfurter Selbsthilfezeitung, Frühling '94

Thomas Steffan, Wien, Nov. 1997

handiCAP, Sept. 1994

BIZEPS, Wien, 01. Jan. 1999

 

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    Thomas Steffan, Wien, November 1997

 

»Einer von vielen Markennamen eines Arzneimittels, dessen Grundlage der Wirkstoff Thalidomid bildete, hieß Contergan. Dieser Name wurde zum traurigen Synonym des größten Arzneimittelskandals der pharmazeutischen Industrie. Das von der Firma Grünenthal in einem Zeitraum von nur drei Jahren entwickelte Medikament versprach in der Werbung mit idyllischen Landschaftsaufnahmen, den ersehnten Schlaf für den von Schlaflosigkeit Geplagten, sowie Ruhe und Trost für die Entnervten. Die Pille versprach auch die Bekämpfung von Ängsten, wurde empfohlen zur Beruhigung nach Operationen, bei Schilddrüsen-Überfunktion und gegen vegetative Störungen. Von Seiten der Hersteller wurde versichert, daß es sich bei diesem Mittel um ein Medikament handle, welches keine Nebenwirkungen aufweist und somit Mißbrauch und Schäden praktisch ausgeschlossen seien. So wurde es möglich, daß der gefährliche Wirkstoff Thalidomid ab 01.10.1957 rezeptfrei im deutschen Handel erhältlich war.

Allein dem verantwortungsbewußten Arzt, namens Dr. Lenz, der seine Aufmerksamkeit auf die nerven- und leibesfruchtschädigende Wirkung des Thalidomid lenkte und seine Untersuchungsergebnisse publik machte, ist es zu verdanken, daß nach langem Zögern und hartnäckiger Weigerung der Firma Grünenthal der freie Handel mit thalidomidhaltigen Präparaten in der BRD am 27.11.1961 eingestellt wurde.

Die Autorin Catia Monser beschreibt in diesem Buch die Geschichte eines schicksalsbestimmenden Medikaments, welches 1958 in einem bemerkenswert kurzen Zeitraum eine ungewöhnliche und statistisch signifikante Häufung von Fehlbildungen bei Neugeborenen bewirkte und die 1961 ein 'wahrhaft epidemisches Ausmaß' annahm. Diese Tatsache führte 1968 zum größten Zivilstrafprozeß der deutschen Nachkriegszeit, der mit der Einstellung des Prozesses am 18.12.1970 endete.

Anhand zahlreicher Befunde und Röntgenbilder erklärt Catia Monser ausführlich Thalidomid-Fehlbildungen der Gliedmaßen und der Dysplasien der Sinnesorgane, Wirbelsäule und der inneren Organe. Mit Hilfe von graphischen Darstellungen veranschaulicht die Autorin, wie sich Zeitpunkt und Dauer der Einnahme thalidomidhaltiger Mittel auf die embryonale Entwicklung auswirken. Neben ausführlichen medizinischen Erläuterungen, die Monser in ihrem Buch bietet, wirft die Autorin aber auch einen Blick auf diverse Hilfseinrichtungen und deren Hilfsprogramme. lm Zusammenhang mit Contergan/Thalidomid spricht die Autorin nicht von Unglück, sondern von einem bewußt in Kauf genommenen Risiko einer skrupellosen und profitorientierten Pharmaindustrie.

Catia Monsers Buch ist die Chronologie eines als Wundermittel angepriesenen Medikaments, welches Tausenden von Menschen nur geschadet hat. Mir äußerster Genauigkeit und einer Fülle von Material dokumentiert sie die Geschichte des Wirkstoffes Thalidomid und dessen Auswirkungen in vielen Lebensbereichen unserer Gesellschaft. Von der aufflammenden Diskussion über den Abtreibungsparagraphen bis hin zur Registrierung aller Behinderten, sowie dem Kampf vieler Betroffener um finanzielle Entschädigung bei Behörden und Gerichten.

Die diplomierte Sozialpädagogin und ehemalige langjährige I. Vorsitzende im Ortsverband der Contergangeschädigten Düsseldorf hat in intensiver Auseinandersetzung mit diesem Thema dieses Buch geschrieben. Die Einbindung vieler Artikel aus verschiedenartigen Zeitungen und die zahlreichen Fotos runden das umfangreiche Bild ab. Im Anhang befindet sich ein ausführliches Literatur- und Fernseh-, sowie ein nationales und internationales Adressenverzeichnis. Fachausdrücke sind im Text verständlich erklärt. Dieses Sachbuch ist bereits 1993 erschienen. Allerdings ist dieses Werk noch immer das umfangreichste und wichtigste zu diesem Thema, das an seiner Aktualität nichts eingebüßt hat. Gilt es doch zu bedenken, daß dieser gefährliche Wirkstoff zur Aids- und Leprabekämpfung in den USA gerade wieder zugelassen wurde und verantwortlich ist für das neuerliche Auftreten von Behinderungen an Neugeborenen (z. B. in Brasilien).

Auch nach dem 40. Jahrestag von Contergan/Thalidomid gilt es, das vorhandene Bewußtsein für dieses weltweit umfassende Problem zu erweitern oder gar neu zu schaffen. Daher kann ich nur jedem dieses Buch empfehlen. Solange mit Thalidomid noch immer Gewinne verbucht werden, wieder vermehrt Kinder mit Fehlbildungen geboren werden, Betroffene aufgrund eines umstrittenen Stiftungsgesetzes noch immer keine Entschädigungszahlungen erhalten haben (z. B. in Österreich), ist das Kapitel Contergan noch lange nicht Geschichte, sondern erschütternde Gegenwart und Zukunft(?). Betrachtet man weiter die Entwicklung der pharmazeutischen Industrie, insbesondere in Verbindung mit dem Fortschritt der Gentechnologie, erscheint die Wiederholung einer Katastrophe solchen Ausmaßes jederzeit möglich. Abgesehen davon, ist Behinderung im Zusammenhang mit Medikamentenmißbrauch und Profitsucht eine Sache, die jeden Einzelnen unserer Gesellschaft direkt oder indirekt betrifft.«


Stichwort Bayer, 4/93

Mabuse, Nr. 92; Okt./Nov. 1994

Pharma-Brief, Nr. 1/1994

domino, Nr. 4/1995

Frankfurter Selbsthilfezeitung, Frühling '94

Thomas Steffan, Wien, Nov. 1997

handiCAP, Sept. 1994

BIZEPS, Wien, 01. Jan. 1999

 

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    in: BIZEPS, Wien, 01. Januar 1999; Mag. Shoshana Angelika Jensen

 

»Buchtip: Contergan/Thalidomid – Ein Unglück kommt selten allein

Die Katastrophe, die mit dem Wort "Contergan-Skandal" betitelt werden kann, wirft auch heute noch —  41 Jahre danach — zahlreiche unbeantwortete Fragen auf.

Der Mitte der Fünfziger Jahre von der heute noch existierenden Firma Grünenthal in Stolberg bei Aachen entwickelte Wirkstoff Thalidomid bildete die Grundlage für das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan.

Das Medikament kam mit 01. Oktober 1957 rezeptfrei in den deutschen Handel und galt als besonders verträglich, wodurch es auch von schwangeren Frauen bevorzugt eingenommen wurde. Die Werbe- und Beipackzettel verhießen eine angenehme und ungestörte Nachtruhe.

In den folgenden vier Jahren wurden etwa 5.000 Kinder mit fehlenden oder deformierten Gliedmaßen, schweren Schäden an inneren Organen und Sinnesorganen, Gesichtslähmungen und Fehlbildungen an den Genitalien geboren. Rund 1.500 von ihnen starben bereits im Säuglingsalter.

Trotz immer wieder auftretender Verdachtsmomente, daß der Wirkstoff Thalidomid Verursacher für die Mißbildungen sein könnte, bewarb die Firma Grünenthal das Medikament weiterhin als völlig harmlos und schloß die Vergabe an werdende Mütter ausdrücklich nicht aus.

Erst nach Erscheinen eines Artikels in der Zeitung "Welt am Sonntag", am 25. November 1961, in dem der Verdacht auf einen direkten Zusammenhang zwischen der Einnahme und dem Auftreten schwerer Mißbildungen geäußert wurde, zog die Herstellerfirma das Medikament aus dem Handel.

Das Entschädigungsverfahren für die "Contergan-Kinder" begann im Jahr 1961 und endete nach neun Jahren mit einem Vergleich zwischen der Firma Grünenthal und den Eltern. Grünenthal verpflichtete sich zu einer einmaligen Zahlung von 100 Millionen DM unter der Voraussetzung, daß Eltern und Kinder für alle Zeiten auf sämtliche weitere Ansprüche verzichteten.

Bis dato wurden aber noch lange nicht alle Opfer tatsächlich entschädigt. Insbesondere Nichtdeutsche, die aus Mangel an Information die gesetzliche Frist für einen Antrag bei der Stiftung versäumt haben, müssen auf alle Leistungen verzichten.

Das vorliegende Buch ist das Ergebnis einer langen und eingehenden Aufarbeitung des Themas "Contergan". Die Autorin Catia Monser beschäftigte sich darin intensiv mit der Problematik ihrer eigenen Behinderung, die durch Contergan verursacht wurde, dem Skandal an sich und seinem gesellschaftlichen Umfeld.

Wer das überaus materialreiche, spannende, durch viele Abbildungen und Zeitungsartikel illustrierte Buch gelesen hat, wird möglicherweise den Beipackzettel eines Arzneimittels in Hinkunft genauer studieren.

Die besondere Stärke des Buches liegt in einer tiefen, offenen und keineswegs mitleiderweckenden Auseinandersetzung mit den Ursachen einer Behinderung, die zwar individuell als Schicksalsschlag angesehen werden könnte, die aber gleichzeitig auch zum Symbol für eine unmißverständliche Anklage in Richtung Schuldige und Verantwortliche sein muß.

Erhältlich ist das Buch um ca. 320 Schilling bei der Autorin: Catia Monser (Deutschland)«


Stichwort Bayer, 4/93

Mabuse, Nr. 92; Okt./Nov. 1994

Pharma-Brief, Nr. 1/1994

domino, Nr. 4/1995

Frankfurter Selbsthilfezeitung, Frühling '94

Thomas Steffan, Wien, Nov. 1997

handiCAP, Sept. 1994

BIZEPS, Wien, 01. Jan. 1999

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